Kardinalfehler - Eine Kirchenkomödie in zwei Akten von Alistair Beaton und Dietmar Jacobs
Wenn sich zwei ausgebuffte Spezialisten wie der auch im deutschsprachigen Raum vielgespielte Alistair Beaton, einer der führenden, vielfach ausgezeichnete und für seine scharfzüngigen hinreißend komisch und zynisch hinterhältigen Wortgefechte ebenso berüchtigte wie beliebte britische Polit-Satiriker für Theater, TV, Radio und Printmedien, und Dietmar Jacobs, der preisgekrönte deutsche Comedy-Kultautor, für ein Auftragswerk zusammentun, kann das Ergebnis nur ein durch geschliffene Pointen bestechender, humorvolle Unterhaltung mit ausgeklügelter Gesellschaftskritik kombinierender Theaterknüller werden.
„Kardinalfehler“ ist der Titel dieser raffiniert-provokanten Kirchenkomödie, die durch ihren witzigen und zugleich nachdenklichen Umgang mit einem hochaktuellen Thema wie maßgeschneidert ist für die Gegenwart. Im Kern behandelt das Stück ernste gesellschaftliche Sachverhalte wie die Vertuschung von Geheimnissen, Bestechung, ineinander verflochtene Machtstrukturen und Bedrohungen. Unter dem Titel „Cardinal Error“ wird das Stück in England aufgeführt werden.
Durch Bischof Konrad Glöckner gilt das kleine deutsche Bistum, das sich gerade auf die Feierlichkeiten zum 700-jährigen Jubiläum vorbereitet, in Rom als Vorbild für moralische Integrität.
In der bischöflichen Residenz gab es nie skandalöse Vorfälle, die die Harmonie stören könnten, und auch Kirchenaustritte waren selten. Aus diesem Grund wird der Papst während seiner Deutschlandreise eine Nacht im bischöflichen Palast verbringen.
Genau drei Wochen und sechs Tage vor dem Besuch des Heiligen Vaters platzt ein ehemaliger »Kardinalfehler« in Glöckners perfekte Kirchenidylle. In Person von Emma Lind erhält er Besuch von der sehr hübschen einmaligen »kleinen Dummheit« aus seiner Vergangenheit als Priesterseminarist. Nach dem Tod ihrer Mutter hat sie ein Jugendfoto in deren Bankschließfach gefunden, das sie zusammen mit ihrem Vater zeigt. Er war nicht, wie sie immer erzählt hatte, als Entwicklungshelfer in Afrika ums Leben gekommen, sondern ist – wie das Foto und die monatlichen anonymen Geldsendungen mit dem Bistums-Poststempel nahelegen – quicklebendig. Auf dem kompromittierenden Foto hat sie zu ihrer Überraschung keinen geringeren als den 400 km entfernt von ihrem Wohnort lebenden Bischof Konrad Glöckner erkannt. Natürlich möchte Emma ihren Vater kennenlernen, ahnt jedoch, dass diese Enthüllung ihm nicht gerade willkommen sein wird. Bevor er weiß, wer sie ist, lächelt er sie bei ihrem ersten Treffen freundlich an. Besuche von jungen Damen sind schließlich selten im bischöflichen Palast. Das Lächeln vergeht ihm jedoch, als sie ihm seine Mütze zurückgibt und gesteht, dass sie sie nicht gefunden, sondern geklaut hat, um ein Haar für einen Vaterschaftstest zu ergattern. Als sie ihm dann noch das Foto mit ihrer Mutter und den DNA-Test präsentiert, bleibt ihm nichts anderes übrig, als zu kapitulieren.
Emma gibt ihm 24 Stunden Zeit, um zu entscheiden, wie es weitergehen soll – ein echter Countdown für den Bischof, für den nun mehr als nur seine Karriere in Rom auf dem Spiel steht.
Es gibt nur eine einzige Person, die für alle das Bistum betreffenden amtlichen und privaten Probleme eine Lösung findet: Generalvikar Koch. Sein Motto lautet: »Wir gestehen nichts ein, was uns schadet«. Daher ist ihm klar, dass der Fehltritt des ehemaligen Priesterseminaristen unbedingt vertuscht werden muss.
Eigentlich hat er mit der »intimen« Klapperstorch-Affäre und den »10.000 Details« des bevorstehenden Papstbesuchs schon mehr als genug am Hals. Doch dann trifft auch noch der vatikanische Reisemarschall Martin Miller vorzeitig ein, der nicht nur den genauen Ablauf der Papstvisite mit ihm besprechen möchte, sondern zu seinem Entsetzen auch das Bistumsarchiv überprüfen will. Was dabei ans Tageslicht kommen könnte, ist nicht weniger bedrohlich als die bischöfliche Tochter, die sich im Gegensatz zu ihrer Mutter nicht mit Schweigegeld abspeisen lässt.
Wie sich der von dem Katholiken Jacobs und dem schottischen Protestanten Beaton geschriebene Bühnenhit, der durch seine beißend zugespitzten Dialoge viel schadenfrohes Wiedererkennungsgelächter provoziert, auflöst, soll noch ein hinter Kirchenmauern verborgenes Geheimnis bleiben.
Foto: Gío Löwe
19 Uhr Hauseinlass