Friday Night Party: PRO ART (D)
Welcher Wahnsinnige schleppt heutzutage noch freiwillig fünf bis sechs Zentner in Form von Hammondorgel, Lesliekabinett und Fender-Rhodes-Piano auf die Bühne, leistet sich einen vierstimmigen Bläsersatz und spielt dann auch noch frech eine Musik, die alles „Gestylte“ und „Trendige“, was heute so als Klangtapete im Quotenradio läuft, konsequent ignoriert? Wenn man die Ilmenauer Fusion-Band „Pro Art“ erlebt, kann man verstehen, warum das so ist. Die Band hat einfach nur Spaß am Groove. Ein Wort, das oft und gern missbraucht wird, hier lebt es.
Die im Zuge der Begeisterung für den Jazz-Rock im Sommer 1973 gegründete Formation ist heute eine lebende Legende der Thüringer Musikszene. An die hundert Musiker haben über die Jahre für kurz oder lang ihren Fußabdruck hinterlassen. Die Gruppe kann man getrost als Kaderschmiede bezeichnen, denn die Querverbindungen und Vernetzungen mit zahlreichen Akteuren der ostdeutschen Jazz & Blues-Szene sind vielfältig und kaum noch zu überblicken. Allein Bandchef Andreas Geyer, der die gefühlt tonnenschwere Hammondorgel bearbeitet, spielte bzw. spielt neben „Pro Art“ noch in den Formationen „Elektrotischlerei“, „Andi Geyer Trio“, „Andi Geyer Quartett“ und in Dieter Gasdes „Travelling Blues Band“ und „Gumbolaya“ sowie mit Eddi Janta in der von Waldemar Weiz 2006 reformierten Kultband „ergo“. Saxophonist Tom Hahnemann verstärkte früher die Reihen von „Keimzeit“. Zu den bekannten Mitgliedern von „Pro Art“ aus jüngerer Zeit zählen der Posaunist Christian Kohlhaas, der Gitarrist Christoph Bernewitz, der Bassist Matthias Eichhorn und der Schlagzeuger Henning Luther, die inzwischen zu den verschiedenen Besetzungen von Clueso gehören.
Von den Gründungsmitgliedern ist seit längerer Zeit keines mehr dabei. In der Gegenwart ist die Band eine Mischung aus alten, gestandenen Thüringer Blues- und Soulmusikern und jungen „Wilden“, die mit der Musik der „Alten“ aufgewachsen sind und das mit dem verknüpfen, was ihr heutiges Lebensgefühl ist: Nu’Jazz, Triphop und Drum’n Bass. Hier spielen Väter mit ihren Söhnen. Gerade in den letzten Jahren hat sich die Band immer wieder verjüngt. Mit jedem Neuankömmling werden auch die langfristig fest im Programm verankerten Nummern farbiger und facettenreicher. Was dabei herauskommt ist traditionell, aber frisch. Da groovt der Bassist wie ein Uhrwerk, knochentrocken und trotzdem lässig, mit einem Drummer, der so wunderbar spröde und modern spielt, dass ein Rhythmusfundament entsteht, auf dem sich die „fette“ Hammond B3 von Andi Geyer so richtig austoben kann. Da perlt das alte Fender-Rhodes, funkt die Gitarre, schieben sie zusammen mit dem vierstimmigen Bläsersatz den Tanzwütigen die Soul-, Funk- und Latinriffs auf die Ohren. Viele eigene Stücke neben Coverversionen von Johnny Guitar Watson, den Crusaders oder Dr. John kommen von der Bühne. Die Band hat einen großen Fundus an Musik, aber am spannendsten sind die immer wieder neu entstehenden
Improvisationsstrecken, wenn „Pro Art“ mal wieder einfach nur „groovt“.
Besetzung:
Andi Geyer org, ep
Tom Hahnemann ts
Marco de Vries g
Jan Roth dr
Stefan Kerth b
Der Bläsersatz um Tom Hahnemann wird durch Musiker an Altsaxophon, Trompete und Posaune zum Quartett vervollständigt.
Text: Fred Ulbricht
Copyrights Fotos: Tino Sieland
Einlass: 19:00 Uhr