„ELEMENT OF CRIME hat es immer schon gegeben; bevor sich die Band vor Jahrzehnten gegründet
hat, hat man diese Musik wohl schon in sich drin gehört. Lässigkeit mit Herz, Wippen mit
Schnauze, Unangestrengtheit auf die Spitze getrieben, aber niemals schlampig. ELEMENT OF
CRIME ist ein Lebensgeühl, ohne das die Welt weder denk- noch aushaltbar wäre. Es umspannt
die Glitterparty genauso wie den Morgen danach, wenn man sich mit schlechtem Geschmack im
Mund schamvoll aus einem Bett schleicht, in dem man niemals hätte landen dürfen – „und der Chor
der BVG singt dazu ein schönes Lied“. Sven Regener schreibt ja hauptsächlich Liebeslieder, das geht
bei dieser ein wenig aufgebrachten Bremer Melancholie, die ihn umsteht wie eine teddybärenbraune
Aura, mit Absicht fast ein bisschen unter.
Durchläuft diese Band Entwicklungen? Im Millimeterbereich, trotzdem merkbar, wie bei altvertrauten
Frisuren („bitte nur nachschneiden“). Schreiben sie irgendwie immer das gleiche Lied? Auf gar
keinen Fall. Sie prolongieren in zumutbaren Variationen, dass man schon ganz schön mit allem
mitleidet, also auch mit dem Zustand der Welt, sich dabei aber keinesfalls erwischen lassen will. Um
auf Sven mal ein größeres Wort zu werfen, das er vermutlich gar nicht haben will: Ja, er kann auch
Ballade. Ist ja große Kunst, ganze Geschichte in ein paar Strophen zu erzählen, aber sagt das bloß
nicht zu laut. Jetzt also ein neues Album „MORGENS UM VIER“. Ich bin da neuerdings auch
schon immer wach, nicht: noch, wie früher. Wir sind wohl alle bisschen stiller geworden, in den letzten
Jahren: „Wir haben keine Lösung, wir haben Lieder“, ja, muss man zugeben. Und scheint es nicht vielen,
als ob gerade der oder die Liebste eine Axt in den Händen hielte? Fast logisch, dass es die Katze
ist, die fragt: „Leute, wo soll das enden?“ Die Katze! Hoff e nur, jemand hat bald eine Antwort darauf.
Bis dahin: Mitwippen, mitsummen, mitleiden, sich nicht erwischen lassen.“
Eva Menasse