Beim Eintritt ins Gefängnis streift der Inhaftierte seine bisherigen Alltagsrollen ab, lässt sie zusammen mit seiner Habe in einem Schrank und begibt sich in ein genau durchgetaktetes System, das ihn gleichermaßen strafen und bessern soll. Kommt er heraus – nach Monaten oder Jahren – kann er seine Besitztümer wieder abholen, was in der Zwischenzeit mit seiner Identität geschehen ist, zeigt erst das Leben draußen. Mit der Haft durchläuft der Insasse eine Zeit, in der Bestrafung, gesellschaftlicher Schutz, gewachsene Mechanismen, psychologische Verarbeitung und das Spannungsverhältnis zur Welt draußen aufeinander treffen.
Freiheitsentzug als Strafe, »abzusitzen« am extra dafür konzipierten Ort Gefängnis: Welche Vorstellungen von Schuld und Strafe liegen dem zu Grunde? Welche Rolle spielen gesellschaftliche Bilder, auch nach der Haft? Wie sieht es überhaupt aus hinter den Mauern, die ein- und aussperren, und ist das überall in Deutschland gleich? Und wer sitzt hinter Gittern? Wo im Gefängnis sind eigentlich Gitter und wie verbringen die Menschen ihren Tag?
Für die Stückentwicklung »Knast« spielen die Spieler*innen des Theaterhaus Jena die Theatergruppe der JVA Hohenleuben unter dem Coaching der Theatergruppe JVA Hohenleuben. Aber wen spielen sie da eigentlich: die Häftlinge, Verbrecher, spielen sie die Personen, die diese sind, spielen sie ein Klischee oder Filmbilder? Die Stückentwicklung basiert auf Interviews mit Insassen der JVA Hohenleuben, und bedient sich an Versatzstücken unseres kulturellen Gedächtnisses, dem das Gefängnis als Projektionsfläche dient wie wenig andere Orte.
Von und mit: Nikita Buldyrski, Linde Dercon, Leon Pfannenmüller, Paul Wellenhof
Regie, Konzept: Leon Pfannenmüller
Dramaturgie, Konzept: Hannah Baumann
Bühne: Maarten van Otterdijk
Komposition und Live-Musik: Wilhelm Hinkel
Kostüme: Carolin Pflüger
Dramaturgieassistenz: Alina Spieler
Regieassistenz: Nanine Kok
Vorstellungsdauer: 80 min
Die Fassung ist unter Mitwirkung aller Beteiligten entstanden.
Vielen Dank an Florian Reister sowie an die Gefangenen und Mitarbeiter*innen der
JVA Hohenleuben, insbesondere an Herrn Frank (Leiter), Frau Hartmann (Beamtin
für Sport und Freizeit), Frau Sander (Psychologin), sowie an Armani, Christopher,
Daniel, Enrico, Fabian, Felix, Joe, Michael, Ricardo, Sebastian, Selim, Tobias u.a.
(Mitglieder der Theatergruppe).
Die Produktion ist in Kooperation mit der JVA Hohenleuben entstanden
und wird im Theaterhaus Jena sowie in der JVA Hohenleuben gezeigt.