Theatralische Führung am BüchnerHaus - "Es muss ja Ärgernis kommen"
Theatralische Führungen erweitern einmal im Vierteljahr den Gegenstand der aktuellen Themenführung durch Schauspieler der BüchnerBühne. Ab Oktober ist das Thema "Büchner & die Politik - am Beispiel Danton"
Darstellungen der zeitgenössischen Geschichte, darunter auch der Französischen Revolution, kannte schon der Schüler Büchner durch Leseabende in der Familie. In einem Schulaufsatz nannte er die Französische Revolution einen »blutigen aber gerechten Vertilgungs-Kampf«, der »die Greuel rächte, die Jahrhunderte hindurch schändliche Despoten an der leidenden Menschheit verübten«.
Der italienische Freund Alexis Muston, der ihn im Herbst 1833 in Darmstadt besucht hatte, erinnerte sich später, Büchner sei ein „Vergötterer der Revolution“ gewesen. Warum also schrieb er kurz darauf, im Januar 34, an die Geliebte Minna Jaeglé den später so genannten "Fatalismusbrief"?
In einer theatralischen Führung mit Auszügen aus seinem Revolutionsdrama "Danton´s Tod" laden wir ein, dieser Frage nachzugehen ...
"Ich studirte die Geschichte der Revolution. Ich fühlte mich wie zernichtet unter dem gräßlichen Fatalismus der Geschichte. Ich finde in der Menschennatur eine entsetzliche Gleichheit, in den menschlichen Verhältnissen eine unabwendbare Gewalt, Allen und Keinem verliehen. Der Einzelne nur Schaum auf der Welle, die Größe ein bloßer Zufall, die Herrschaft des Genies ein Puppenspiel, ein lächerliches Ringen gegen ein ehernes Gesetz, es zu erkennen das Höchste, es zu beherrschen unmöglich. Es fällt mir nicht mehr ein, vor den Paradegäulen und Eckstehern der Geschichte mich zu bücken. Ich gewöhnte mein Auge ans Blut. Aber ich bin kein Guillotinenmesser. Das muß ist eins von den Verdammungsworten, womit der Mensch getauft worden. Der Ausspruch: es muß ja Aergerniß kommen, aber wehe dem, durch den es kommt, – ist schauderhaft. Was ist das, was in uns lügt, mordet, stiehlt? Ich mag dem Gedanken nicht weiter nachgehen. Könnte ich aber dies kalte und gemarterte Herz an deine Brust legen!"
Büchner las im Januar 1834 wahrscheinlich die damalige Standarddarstellung zur Französischen Revolution, verfasst von dem französischen Historiker Louis Adolphe Thiers. Ein Jahr später wird sie eine der Hauptquellen für das Drama "Danton’s Tod".